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Megamarsch in Bremen: Viel Selbstvertrauen nach 50 Kilometern

Autorin: Victoria Winter-Tabrizian

Eigentlich war ich nie besonders sportlich. Dachte ich zumindest – obwohl ich gerne Rad oder Inliner fuhr, Federball spielte oder kletterte. Aber das sah ich eher als Spielen an. Der Sportunterricht dagegen war meist eine Qual. Ich fand mich im Unterricht mit meiner Drei ab – und entdeckte den Sport als Hobby. Ich ging tanzen und suchte nach immer neuen Sportarten. Mit 14 erhielt ich die Diagnose Juvenile idiopathische Arthritis (JIA). Natürlich hat dies einiges in meinem Leben verändert. Am meisten Angst hatte ich jedoch, nun mit der vermeintlichen „Alte-Leute-Krankheit“ eingeschränkt zu sein. Ich hatte gerade Spaß am Sport gefunden – und sollte nun bestimmte Belastungen vermeiden?! Eigentlich wollte ich doch Tennis spielen! Ich merkte, dass mir etwas fehlte.

„Jetzt erst recht!“

Mit 16 hatte ich meine Erkrankung ausreichend angenommen, um mit den Trainern im Fitness-Studio zu besprechen, wie ich gelenkschonend trainieren kann. Ich fühlte mich gut dabei. Mein Sport wurde zu einem Symbol im Kampf gegen die Erkrankung. „Jetzt erst recht“ wurde mein Mantra, „ich kann das“ zu meinem Motto. Allmählich kam der Gedanke an eine echte Herausforderung in mir auf. Ich wollte mir ein klares Ziel setzen. Es sollte nicht zu einfach, aber im Bereich des Möglichen liegen. Ein Marathon kam nicht in Frage. Zufällig erfuhr ich vom „kleinen Megamarsch“: 50 Kilometer in zwölf Stunden. Ich war sofort Feuer und Flamme! Meinen besten Freund Jürgen steckte ich mit meiner Begeisterung an, und wir entschieden uns, am Megamarsch in Bremen teilzunehmen.

Die Vorbereitung

Uns war klar, dass wir uns vorbereiten mussten. Beim Training musste ich immer wieder wegen Erkältungen und Gelenkschmerzen pausieren. Für die letzten Monate vor dem Megamarsch planten wir insgesamt drei Probewanderungen mit jeweils 32 Kilometern Länge. Das erste Mal starteten wir Anfang März. Morgens waren es 0°C, aber der Himmel sah freundlich aus. Die Strecke steckten wir erstaunlich gut weg, bis wir das vorletzte Dorf vor unserem Ziel erreichten. Ab dort wurde es immer beschwerlicher. Die letzten fünf Kilometer waren die reinste Quälerei. Vier Wochen später übten wir bei 20°C. Ich merkte gleich, dass ich mit der höheren Temperaturen und der prallen Sonne nicht gut zurechtkam. Nach zehn Kilometern begann mein Knie zu schmerzen. Wir beschlossen, es etwas langsamer anzugehen und zu schauen, wie weit ich es schaffen würde, ohne Gefahr zu laufen, das Gelenk zu schädigen. Wir schafften 18 Kilometer. Die dritte Probewanderung Mitte Mai fiel aus, weil ich zu stark erkältet war. Stattdessen lief ich einem normalen Arbeitstag die knapp 20 Kilometer vom Büro nach Hause.

Der Megamarsch

Am 8. Juni ging es los – um 8:30 Uhr war unser Start. Wir stellten fest, dass die meisten Mitläufer in unserer Gruppe erst mal 20 Kilometer schaffen wollten – und dann weitersehen würden. Insgesamt waren 1607 Teilnehmer am Start. Im Gedränge war es schwierig, das eigene Tempo zu bestimmen. Nach fünf Kilometern entzerrte es sich und wir kamen recht schnell an der ersten Verpflegungsstation kurz vor Kilometer 10 an. Langsam begann wieder mein rechtes Knie wehzutun. Es ging durch Dörfer und über Feldwege, bevor wir an der zweiten Verpflegungsstation ankamen. Dort setzten wir uns zum ersten Mal seit über 3½ Stunden. Ich stabilisierte mein lädiertes Knie mit Tape, wir tranken Kaffee und aßen eine Kleinigkeit. Nach 45 Minuten machten wir uns wieder auf den Weg. Doch es fiel uns schwer, wieder ins Laufen zu kommen. Das Tape half aber, meine Schmerzen zu reduzieren. Wir quatschten viel und kamen rasch bei der dritten Verpflegungsstation kurz vor Kilometer 30 an. Dort fassten wir den Entschluss, unbedingt auch im Ziel ankommen zu wollen. Ein Stück weit gingen wir mit einer Gruppe, die Lieder von den „Ärzten“ hörte. An der nächsten Station machten wir nur kurz Halt und ich verband mein Knie. Die folgenden drei Kilometer waren kein Problem. Es schien, als seien die ersten 20 Kilometer die Schlimmsten gewesen. Dann aber kamen die ersten Blasen und andere Beschwerden. Die Kilometer schienen immer länger zu werden. Durch die Bewegungsaufzeichnungen in den Pausen waren unsere GPS-Tracker nicht mehr exakt genug, um zu ermitteln, wie weit es noch ist. Das zerrte an der Motivation, die Schmerzen traten immer mehr in den Vordergrund. Die Strecke zwischen Kilometer 35 und 37 schien genauso lang zu sein, wie alles was wir zuvor zurückgelegt hatten zusammen. Das war jedoch nichts gegen die nächsten Kilometer: Als ein Schild verkündete, wir hätten nun 48 Kilometer hinter uns, war ich der festen Überzeugung, nicht einen weiteren Schritt mehr machen zu können. Auf dem letzten Kilometer motivierte uns das Megamarsch-Team: Im Abstand von 100 Metern hingen Schilder, die anzeigten, wie weit es bis zum Ziel ist.

Im Ziel!

Und dann: endlich. Das lang ersehnte Ziel. Applaus empfing uns, Fotos wurden gemacht, wir bekamen Medaillen, es gab Essen und Getränke. Fazit: Ich konnte durch dieses Event mein Selbstvertrauen weiter steigern und mir mein Motto „ich kann das“ bestätigen. Vielleicht ist meine Geschichte ja auch eine Inspiration für Andere. Auf jeden Fall wollen wir noch mal bei einem Megamarsch teilnehmen – vielleicht sogar beim 100/24-Marsch, bei dem man 100 Kilometer in 24 Stunden zurücklegt – zu Fuß natürlich.