Ein Teil von meinem Herzen
Auf der Bundeskonferenz in Köln 2010 trafen sie sich zum ersten Mal – im vergangenen Jahr haben sie geheiratet. Ines und Andreas haben ihre Liebesgeschichte aufgeschrieben.
Ehrenamtlich aktiv sein in der Rheuma-Liga kann auch heißen, an Seminaren und Treffen deutschlandweit teilzunehmen. So kam ich gemeinsam mit meiner Mutter (die ebenfalls in der Rheuma-Liga aktiv war) auf meine erste Bundeskonferenz der Rheuma-Liga in Köln. Alle zwei Jahre finden diese Treffen über ein Wochenende gemeinsam mit jungen Rheumatikern und engagierten Eltern statt, in den Jahren dazwischen tagen Eltern und Jugendliche getrennt. Ich war zum ersten Mal dabei und sehr gespannt, was mich in Köln erwartete. Erst einmal kam ich aus dem Staunen nicht mehr raus über die fremde Gegend und so viele fremde Menschen! Dabei lernte ich ein paar junge Rheumatiker und Eltern rheumakranker Kinder kennen. Das Treffen war sehr interessant und ich kam schnell ins Gespräch mit den anderen Teilnehmern.
Am Samstagabend wollte eine Gruppe junger Rheumatiker die Innenstadt auf eigene Faust erkunden. In der U-Bahn wurden wir kontrolliert. Mit so vielen Schwerbehindertenausweisen mit Wertmarken und Begleitpersonen war die junge Dame ein bisschen überfordert. Aber sie hatte Spaß, denn so viele junge schwerbehinderte Menschen hatte sie noch nie gesehen. Als wir nach der Wochenendveranstaltung wieder nach Hause fuhren, freute ich mich schon auf das nächste Treffen – schließlich war da ein junger Mann in der Gruppe, der mir nicht mehr aus dem Kopf ging …
Leider musste ich das Bundes- jugendtreffen im darauffolgenden Jahr absagen, da ich nach einer Operation gehandicapt war. Ein Jahr später war ich bei der Bundeskonferenz in Berlin wieder fit und mobil. Meine Mutter und ich meldeten uns wieder zu der gemeinsamen Konferenz an, voller Vorfreude auf die vielen netten Leute. Vielleicht kam auch wieder der junge Mann, den ich in Köln kennengelernt hatte?
Wiedersehen in Berlin!
Tatsächlich war er – Andreas – auch da! Am Samstag fuhren alle Teilnehmer zu einer Öffentlichkeitsaktion in ein Berliner Einkaufszentrum. Andreas vertraute mir sein Asthmaspray und weitere Utensilien an, unter dem Vorwand, ich hätte eine große Umhängetasche. So ließen wir uns nicht mehr aus den Augen und alberten viel gemeinsam rum. Die Zeit verging wie im Flug. Schneller als gedacht war wieder Sonntag und alle fuhren wieder in ihre Heimat.
Kaum wieder zu Hause im schwäbischen Ländle nahm ich mein neues Handy mit Social-Media-Apps in Betrieb. So sah ich gleich die eine oder andere Nachricht von Andreas. Wir schrieben uns regelmäßig über WhatsApp, wie frisch verliebte Teenies. Wir verabredeten uns zum Kino. Andreas wollte mich zu Hause in Schönaich besuchen. Ich hielt es für einen Scherz, dass extra jemand aus Darmstadt zu mir käme, um ins Kino zu gehen, schließlich sind das knapp 200 Kilometer. Dennoch putzte ich meine Wohnung und war gespannt, was passieren würde. Er kam, und wir redeten bis zum nächsten Morgen. Ins Kino haben wir es allerdings nicht geschafft. Eine Gemeinsamkeit reihte sich an die nächste – doch auch die schönste Zeit hatte ein Ende und Andreas musste nach Darmstadt zurück.
Gelungene Überraschung
Am nächsten Wochenende wollte ich ihn unbedingt wiedersehen – so schnell wie möglich! Ich wusste, dass er mit der Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew (DVMB) ein Seminar in Bad Kreuznach ausrichtete. Ich schaute mir die Strecke an und los ging es mit meinem Auto, ohne Navi. Im Hotel platzte ich kurz vor der Mittagspause in das Seminar. Andreas wusste erst gar nicht, was er sagen sollte. Damit hatte er nicht gerechnet! Während unserer Fernbeziehung zwischen Stuttgart und Darmstadt gab es kaum ein Wochenende, das wir nicht gemeinsam verbrachten. Ich begleitete ihn auf seine Veranstaltungen, Seminare, Sitzungen der DVMB, er leistete mir bei meinen Terminen der Rheuma-Liga Gesellschaft. Unter der Woche arbeiteten wir in unseren Berufen. Schnell gehörten wir zu der Familie des jeweils anderen. 2015 bewarb sich Andreas im Stuttgarter Raum – und fand einen neuen Job. Seit Mai 2015 wohnen wir zusammen mit allen Höhen und Tiefen des Alltags. Es ist schön, wenn man einen Partner gefunden hat, der einen selbst und das Leben mit der Erkrankung versteht. Oft sitzen wir zusammen auf der Couch und jeder arbeitet in seinem Ehrenamt für seinen Verband. Ich habe den Teil von meinem Herzen gefunden.
Happy End: die Hochzeit
Im August 2018 haben wir geheiratet. Unser Motto lautete „Brücken“, denn wir bauen ständig eine Brücke zueinander – eine, die uns verbindet. Für mich ist Andreas der Mensch, der nicht zu bezahlen ist, der trotz aller Fehler zu mir hält, der mich zum Lachen bringt, der mit mir weint, ehrlich zu mir ist, der mir verzeiht und vieles mehr. Er ist ein Teil meines Herzens und ich bin ihm sehr dankbar – so wie es Jonathan Zelter in seinem Song „Ein Teil von meinem Herzen“ singt. Der Text dieses Lieds passt so perfekt zu uns, dass es ein wichtiger Bestandteil unserer Hochzeit war.
Ohne unsere Erkrankungen hätten wir nie in die Selbsthilfe gefunden, ohne die Selbsthilfeverbände Rheuma-Liga und DVMB hätten wir uns nie kennengelernt und für beide Dinge sind wir sehr dankbar! Wir freuen uns auf unsere gemeinsamen Erlebnisse und werden die Zeit zusammen genießen.
Von Ines