Nachgefragt: Rheuma, Recht und Rente
Von der Schule oder dem Studium in den Job – das ist für junge Menschen mit einer rheumatischen Erkrankung gar nicht so einfach. Rechtsanwältin Meike Schoeler stand jungen Rheumatikern Rede und Antwort.
Wenn Sie die gesundheitlichen und formellen Voraussetzungen für den Bezug einer Teilerwerbsminderungsrente erfüllen, dann ist dies aus gesundheitlichen Gründen sinnvoll. Finanziell müssen Sie keine Einbußen befürchten, da die Teilerwerbsminderungsrente den finanziellen Verlust ausgleicht – vorausgesetzt, Sie beachten die Hinzuverdienstgrenze.
Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 15 Arbeitnehmern haben nach mindestens sechs Monaten Beschäftigung einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit und auf eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit auf die Woche. Diesen Anspruch legt Paragraf 8 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes fest. Arbeitnehmer können ihn vor dem Arbeitsgericht einklagen. Allerdings gilt dies nur, wenn keine betrieblichen Gründe dagegen sprechen. Die Verringerung der Arbeitszeit darf also die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb nicht wesentlich beeinträchtigen oder unverhältnismäßige Kosten verursachen. Die Ablehnungsgründe können nach Paragraf 8 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes durch einen Tarifvertrag festgelegt werden. Insoweit ist allein die Geltendmachung von Teilzeit kein Kündigungsgrund. Allerdings muss der Anspruch dem Arbeitgeber zumutbar sein. Gibt es keinen Teilzeitarbeitsplatz, kann der Arbeitgeber fristgerecht kündigen, wenn der Arbeitnehmer nur noch Teilzeit arbeiten kann. Gegen die Kündigung kann man sich innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung gerichtlich mit einer Kündigungsschutzklage wehren.
Unabhängig von der Tatsache, ob eine chronische Erkrankung vorliegt, ist das eine grundsätzliche Entscheidung. Nachteile der Teilzeitarbeit sind unter anderem die geringeren Rentenbeiträge und damit weniger Altersrente, da jeder Arbeitnehmer in Deutschland Entgeltpunkte für die gesetzlichen Rentenansprüche im Verhältnis zum verdienten Entgelt erwirbt. Das heißt, eine Person, die in Vollzeit genauso viel verdient wie der Durchschnittsbeitragszahler, erhält bei Vollzeitarbeit einen Entgeltpunkt pro Jahr, bei 50-prozentiger Teilzeit einen halben Entgeltpunkt pro Jahr. Allerdings werden dabei vollwertige Wartezeiten erworben. Bei Beamten verhält es sich ähnlich: In Teilzeit gearbeitete Jahre werden bei der Pension anteilig berücksichtigt. Ein darüber hinausgehender Versorgungsabschlag ist unzulässig. Während der Elternzeit bewirkt die Ausübung einer Teilzeitarbeit eine Steigerung der Rentenansprüche über die für die Kinderberücksichtigungszeit erworbenen Rentenansprüche hinaus, und zwar bis maximal 100 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze. Insgesamt ist es günstiger, Vollzeit zu arbeiten – außer, persönliche Gründe wie Erkrankung, Kindererziehung oder Ähnliches sprechen dagege
Im Hinblick auf die Rentenansprüche – und auch die Teilerwerbsminderungsrente – sollten Sie versuchen, Vollzeit zu arbeiten. Meine persönliche Erfahrung ist, dass man nicht unbedingt seine Erkrankung in den Vordergrund spielen sollte. Gehen Sie davon aus, dass Sie die Ausbildung und auch die nachfolgenden Beschäftigungen ohne Einschränkungen und größere Ausfallzeiten absolvieren können. In den meisten Fällen klappt dies auch. Eine teilweise Erwerbsminderungsrente ist nicht so einfach zu bekommen. Dafür ist Voraussetzung, dass der Betroffene auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch bis zu sechs Stunden arbeiten kann. Der ausgeübte und erlernte Beruf spielt überhaupt keine Rolle dabei, es wird allein auf den allgemeinen Arbeitsmarkt abgestellt. Erst wenn dies nicht klappt, zum Beispiel, weil sich die Erkrankung verschlimmert, greifen als allerletzte Möglichkeit die sozialen Sicherungssysteme. Dann haben Sie die Möglichkeit, eine Ausbildung auch in Teilzeit zu absolvieren oder eine Erwerbsminderungsrente zu beantragen.
Autoren
Die Fragen stellten Vorstandsmitglied Insa und Annika, beide engagiert bei den Jungen Rheumatikern.
Rechtsanwältin Meike Schoeler ist unter anderem Justitiarin der Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew. Auf der Buko im November 2016 hielt sie Vorträge zum Thema „Recht und Rheuma“ für jüngere Menschen.