Schnürsenkel binden, Fingerspiele üben, Kinder hochheben – Erzieherinnen müssen viele Tätigkeiten ausüben, die nicht gerade gelenkschonend sind. Trotzdem sei es ihr Traumberuf, sagt Franziska Jeckel, die mit 24 Jahren die Diagnose Psoriasis-Arthritis bekam. Die 33-Jährige ist im Bundesausschuss Junger Rheumatiker und lebt in Offenbach an der Queich. An dieser Stelle erzählt sie, was der Beruf für sie so besonders macht und wie sie mit ihrer Erkrankung im Arbeitsalltag umgeht:
"Ich habe vermutlich schon seit meiner Kindheit Psoriasis-Arthritis, bekam die Diagnose aber erst mit 24. Außerdem habe ich eine segmentale Dystonie, das ist eine neurologische Bewegungsstörung, die sich bei mir unter anderem auf die Beweglichkeit der Finger auswirkt. Ich bin Erzieherin und arbeite im Kindergarten. Für mich ist es mein Traumberuf!
Eltern, Kindern und den Kolleginnen gegenüber gehe ich sehr offen mit meinen Erkrankungen um. Ich beantworte gern Fragen. Das hilft Eltern und Kindern, mich besser zu verstehen. Alle Eltern packen mit an, wenn sie sehen, dass ich bei etwas Schwierigkeiten habe, oder wenn ich sie darum bitte. Mit den Kindern schaue ich mir oft das Buch: „Malus fantastische Hüte gegen verflixt blöde Rheumatage“ von der Rheuma-Liga an. Die Kinder wachsen damit auf, dass es auch Menschen gibt, die Einschränkungen haben und, dass das zum Leben dazu gehört.
So viel Hilfsbereitschaft!
Meine „Mäuse“ helfen mir immer gerne und von sich aus. Sie wissen, dass ich große Probleme habe, Knöpfe zu öffnen und zu schließen, Schuhe zu binden, Kinder hochzuheben oder auch mal schnell hinter ihnen her zu rennen. An eine Situation denke ich besonders gerne zurück: Es war kurz vor Nikolaus, und wir machten dazu eine Kinderkonferenz. Zuerst hörten wir eine Geschichte, anschließend besprachen wir, was wir tun wollten, wenn der Nikolaus zu Besuch kommt. Welches Lied wollen wir singen, welches Fingerspiel zeigen? Das Lied war schnell ausgesucht. Beim Fingerspiel überlegten alle eine Weile und verschiedene Vorschläge kamen. Plötzlich sagte ein Vorschulmädchen zu den anderen Kindern: „Was haltet ihr davon, wenn wir das Kasperletheater spielen. Das kann Franziska auch mitspielen.“
Alle Kinder waren sofort begeistert und stimmten zu, denn sie wissen, dass ich den Mittel-, Ring- und kleinen Finger durch die Dystonie nicht strecken kann. Solche Situationen habe ich schon sehr oft erlebt. Ich liebe meinen Beruf und kann mir nicht vorstellen, etwas Anderes zu machen. Auch gerade durch meine Erkrankungen habe ich meinen Beruf, meine Kinder und die Eltern besonders schätzen gelernt. Ich bin froh und dankbar, arbeiten zu können. Aber ich weiß auch, dass sich dies schnell ändern kann.
Immer in Bewegung
Mein Alltag im Kindergarten ist sehr abwechslungsreich und ich bin immer in Bewegung. Es vergehen keine zehn Minuten, in denen ich mal still sitze, was mir aber auch sehr gegen die Steifigkeit hilft. Leider habe ich aber nicht nur positive Erfahrungen gemacht. So habe ich auch schon mal Sprüche gehört wie „Stell‘ dich nicht so an“; „Wenn Ausflüge bei dir Schübe auslösen, kannst du nicht mehr mit auf die Ausflüge gehen“; „Der Fotograf wartet, beeil dich!“, als ich einem zweijährigen Kind sehr enge Schuhe anzog – was mir auch schon ohne Zeitdruck Probleme bereitet. Ich denke, diese Aussagen waren gar nicht böse gemeint, haben mich aber sehr verletzt.
Ich weiß, dass Kinder und Eltern mich und meine Arbeit wertschätzen – und das ist für mich mit das Wichtigste. Was ich jedem empfehle: Wer einen Traumberuf hat, sollte auch ausprobieren, ob es mit der Erkrankung gut funktioniert und, ob die Tätigkeit wirklich so ist, wie man es sich vorgestellt hat. Es gibt die Möglichkeit, den Traumjob in einem Praktikum besser kennenzulernen. Lasst euch nie von irgendwelchen doofen Kommentaren unterkriegen! Wenn Ihr Fragen habt, meldet Euch bei anderen Betroffenen, etwa in der Rheuma-Liga. Alles Gute!"