In einem Urteil vom 8.3.2017 stellt das Bundessozialgericht – anders als die Gerichte der Vorinstanzen – fest, dass § 8 Abs. 1 Eingliederungs-Hilfeverordnung nicht voraussetze, dass der Leistungsberechtigte i.d.R. täglich auf das begehrte Kfz angewiesen sein müsse. Es weist zudem darauf hin, dass der Wunsch des Klägers, mittels eines (noch anzuschaffenden) Kfz seinen Heilpraktiker zu Behandlungen abzuholen, nicht von vornherein deshalb unerheblich sei, weil die Behandlungsleistungen nicht zum Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung gehören. In der Begründung heißt es: „In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 9 Abs. 2 SGB XII). Es gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht.“ Ziel der Eingliederungshilfe sei, dem Kläger die in seiner Altersgruppe üblichen gesellschaftlichen Kontakte mit Menschen zu ermöglichen. Maßgeblicher Vergleichsmaßstab seien die Bedürfnisse von nicht behinderten, nicht sozialhilfebedürftigen Erwachsenen der gleichen Altersgruppe. Das Gericht weist darauf hin, dass schon die Teilhabe am Arbeitsleben nicht zwingend eine tägliche Fahrt zum Arbeitsplatz voraussetze. Kraftfahrzeughilfe sei ggf. auch zu gewähren, wenn der behinderte Mensch überwiegend von zu Hause arbeiten kann, nur an wenigen Tagen im Beschäftigungsbetrieb anwesend sein müsse und ein Kfz hierfür aber notwendig würde. „Auch psychische oder seelische Einschränkungen (etwa soziale Phobien, Panikzustände und Anpassungsstörungen) könnten sich auf das Gehvermögen auswirken und zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr führen; dies könnte das Angewiesen sein auf ein Kfz gleichermaßen begründen.“
Quelle: IBS Newsletter vom 24. Mai 2018, →Link